top of page

Mein Traum vom eigenen Stall

Stellt Euch mal vor

Es ist kurz vor 6. Bevor der Wecker einen aus dem Schlaf reißen konnte, haben die Vögel einen schon mit ihrem morgendlichen Gesang geweckt. Ansonsten hört man nichts. Eine himmlische Ruhe, die nur ab und an von einem leisen Schnauben unterbrochen wird. Beim Blick aus dem Fenster sieht man im allerersten Morgenlicht die dunklen Silhouetten von 3 Pferden, die zufrieden an der Raufe stehen, Heu zupfen und nur ab und an eine Fliege verscheuchen.Während man sich ein Lächeln kaum verkneifen kann, läuft man die Treppe runter, schlüpft in die Gummistiefel und wird draußen von freudigem Wiehern begrüßt.

Mein Traum vom eigenen Stall
Stolpersteine

So viel zur Traumvorstellung vieler Pferdeleute. Und zugegebenermaßen auch meiner eigenen. Denn mal Hand aufs Herz. Die meisten von uns träumen doch davon, mehr Zeit mit den Vierbeinern verbringen zu können. Sie quasi am Haus oder der Wohnung stehen zu haben. Selber füttern zu können, abends vor dem Schlafengehen noch mal schnell über die weiche Pferdenase zu streicheln und eine Karotte in den Trog zu werfen.


Der Traum von der eigenen kleinen Reitanlage wird landauf und landab von unendlich vielen Reitern geträumt. Aber ist die Realität so schön wie die Vorstellung davon?


Fest steht, so wild romantisch, wie viele Reiter sich das Leben mit Pferden vorstellen, ist die Realität nicht. Denn neben den vielen schönen Momenten, die einen zweifelsohne erwarten, gibt es eben auch die andere Seite. Nieselregen bei 3 Grad, eine Stall To-do-Liste, die nie kleiner wird, Misthaufen, die immer größer werden und tausende große und kleine Sorgen, an die man als Einsteller eines Vollpensionstalls nicht mal im Traum denkt.


Taucht man etwas tiefer ab und führt Gespräche mit Menschen, die sich diesen Traum erfüllt haben, wird schnell eins klar. Ein eigener Stall, egal, ob Offenstall, Boxenhaltung, oder 24/7 Weide, ist vor allem eins: Arbeit. Und zwar mehr Arbeit, als man es sich je hätte vorstellen können. Eine Bekannte sagte zu mir: „Wenn Du denkst, es ist mehr Arbeit, als Du glaubst, lege einfach nochmal das Doppelte drauf und Du hast annähend eine Vorstellung.“


Neben den offensichtlichen Punkten wie ausmisten, füttern und Pferdepflege, hat man es plötzlich mit Dingen zu tun, in die man sich einarbeiten muss. Die man organisieren muss und auf die man selten perfekt vorbereitet ist.

Mein Traum vom eigenen Stall
Bin ich verrückt?

Neben der reinen Arbeitsleistung sind auch die Kosten meist eher ausufernd und bleiben selten im Rahmen dessen, was geplant war.Aber eigentlich sind wir damit schon einen Schritt zu weit. Denn bevor Arbeit und Kosten auf einen zukommen können, braucht man ja erst mal die passende Fläche oder das passende Objekt. Und das muss man nicht nur finden, sondern vor allem auch für die eigenen Ideen nutzen dürfen. Einfach das Pferd auf die Wiese stellen und einen mobilen Unterstand organisieren, ist nämlich leider nicht drin. Und spätestens bei der Objektsuche, wird einem schnell klar, dass der Traum vom Ponyhof auch zum Alptraum werden kann.Eigentlich kann man nur jedem, der das Vorhaben eigener Stall angeht, viel Glück wünschen und ein klein wenig an dessen Verstand zweifeln. Aber für verrückt hält man uns Reiter doch eh, oder?Trotz aller Stolpersteine, auch nach Abzug jeglicher Ponyromantik, juckt es mich und viele andere in den Fingern. Klar wird man dafür belächelt oder sogar als naiv abgestempelt. Aber die Meinung anderer, sollte kein Grund sein, seinen Träumen nicht nachzujagen.Seit einem dreiviertel Jahr, arbeite ich an der Realisierung des Projekts Ponyhausen. Mein eigener kleiner Hof. Mit Platz für meine Pferde, mich und sicher noch einige andere TiereEin eigener Stall bedeutet nicht nur mehr Kosten und mehr Arbeit als geplant. Bis alles in Stein gemeißelt ist, liegt ein langer steiniger Weg vor einem. Es schwirren einem hunderte neuer Begriffe durch den Kopf, und man hält sich in regelmäßigen Abständen für absolut bekloppt, dieses Projekt wirklich durchzuziehen. Wörter wie Resthof, Außenbereich, Umnutzung, landwirtschaftliche Privilegien, Baugenehmigung sind plötzlich täglicher Begleiter.Der Bürokratiedschungel kann einem den Spaß schon ganz schön vermiesen. Auf der anderen Seite, sollte man vielleicht froh sein, dass es Regeln gibt, die es nicht jedem ermöglichen zu machen, was er möchte. Eindeutig ein zweischneidiges Schwert.Fest steht, dass man bei seinem Projekt eigener Stall jede Hilfe braucht, die man bekommen kann. Sei es der Anwalt, der sich mit § 35 auskennt, die Landwirtschaftskammer, die Architektin, die weiß wie eine Bauvoranfrage zu formulieren ist oder der tolle Nachbar, der einem ein paar Tipps mit auf den Weg gibt. Fachleute können definitiv nicht schaden.Nicht zu vergessen, der eigene Glaube an das ganze Vorhaben. Gepaart mit gesunder Hartnäckigkeit ist man dann relativ gut aufgestellt für das, was da auf einen zukommt. Aber dann kann einem immer noch etwas dazwischen kommen. Corona zum Beispiel. Dabei sind die Unterlagen da, die Genehmigungen liegen vor, eine Reservierung ist gemacht und die Finanzierung geregelt. Und trotzdem heißt es erneut Geduld haben und warten. Ich glaube, wenn ich tatsächlich in den nächsten Wochen meine Unterschrift unter den Vertrag setze, falle ich einfach in Ohnmacht.

Außenstehende müssen einen zwangsläufig für verrückt halten angesichts dieser vielen möglichen Probleme. Aber stellt Euch mal vor, man wird fürs Durchhalten belohnt.


Man läuft im Morgengrauen die Treppe runter, schlüpft in die Gummistiefel und wird von freudigem Wiehern begrüßt. Wahrscheinlich sind aus den 3 Vierbeinern eher 4 geworden, ein Pony ist auch neu eingezogen und der zweite Hund nur eine Frage der Zeit. Der Reitplatz sieht vielleicht nicht immer so perfekt abgezogen aus wie in großen Vereinen und auch der Zaun bräuchte dringend einen neuen Anstrich. Aber man lebt seinen ganz persönlichen Traum. Man sitzt mit einem Kaffee auf der Holzbank vorm eigenen Stall in der Morgensonne, streicht über die Pferdenase, die neugierig über den Zaun schaut, kann sich erneut ein Lächeln nicht verkneifen und weiß, dass man erreicht hat, wovon viele nur zu träumen wagen.

Und dann?
Alle Kategorien.
bottom of page