Dinge, die ich meinen Pferden nie wieder antue
Was ich nie wieder so machen würde, nur weil man es so macht
1. Sperriemen
Ich halte den Sperriemen inzwischen für absolut sinnlos und finde es verwerflich, meinem Pferd das Maul zuzuschnüren, ihm die Atmung zu erschweren und ihm so viel Freiheit zu nehmen. Auch vom Nasenriemen bin ich fast komplett weg, weil ich den Mehrwert nicht mehr sehe, außer zum Beispiel bei der Handarbeit, wo ich ihn extrem locker verschnalle und dort teilweise reingreifen kann, statt am Gebiss zu dirigieren, um es für das Pferd angenehmer zu machen. Grundsätzlich hinterfrage ich inzwischen jegliches Reithalfter sehr intensiv und mir ist bewusst, dass es viele Argumente dafür gibt, die ich früher alle selbst benutzt habe. Angefangen von "das Gebiss liegt ruhiger" bis hin zu "das Pferd kann seinen Unterkiefer mehr entspannen", bis hin zu den absurdesten Dingen, die ich gerechtfertigt habe, weil es für mich gar nicht denkbar war, ein Reithalfter nicht zu nutzen, und ich es total bescheuert fand, keins zu nutzen. Ich habe den Sinn einfach nicht gesehen. Ich habe erst angefangen, das Ganze zu hinterfragen, als ich mich gefragt habe, ob ich wirklich meinem Freund, meinem Partner, meinem Pferd die Schnauze zubinden möchte und ob ich das wirklich vertretbar finde. Aus heutiger Sicht kann ich sagen: Nein, ich finde es nicht vertretbar. Das mag für manche mimimi sein, aber ich finde es in meiner Welt nicht akzeptabel, meinem Pferd diverse Lederriemen ins Gesicht zu binden, auch wenn ich verstehe, dass es manchmal das Handling einiger Pferde "leichter" macht. Die Frage ist, ob man diese Dinge, die man dann abfragt, überhaupt fragen sollte, wenn es nicht mit weniger geht, weil viele großartige Reiter beweisen, dass man auch mit minimalstem Equipment sportliche Leistung bringen kann oder mit Pferden Dinge erreichen kann, die nicht komplett verschnallt, zugeschnürt und anderweitig unter Kontrolle gebracht sind. Ich für mich kann die Nutzung eines Reithalfters, egal welcher Art, tolerieren, wenn dies ehrlich korrekt verschnallt ist. Das heißt, dass das Pferd wirklich Platz zum Kauen, Atmen und Abschlucken hat. In dem Moment, wo das Reithalfter wirklich ehrlich verschnallt ist, habe ich aber das Gefühl, dass es eigentlich keinen Unterschied mehr macht, ob man ohne reitet. Leider sind die allermeisten Reithalfter nicht korrekt verschnallt. Und hier spreche ich mich ausdrücklich dagegen aus.
2. Mein Ego
Auch wenn ich immer gesagt habe, dass das Pferd an erster Stelle steht, habe ich, wenn ich ehrlich bin, nicht konsequent immer so gehandelt, sondern für den Moment mein Ego, die Leistung, den Erfolg doch vorne angestellt. Die Runde konnte man ja noch reiten, über den einen Sprung kann man ja noch gehen, das Turnier kann man noch mitnehmen. Ich habe dies nie aus böser Absicht gemacht, aber ich habe mich oftmals auch nicht wirklich ehrlich gefragt, was gerade oberste Priorität für mich hat. Es lässt sich immer leicht sagen, dass das Pferd an erster Stelle steht. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass ich das Pferd, auch wenn ich das behauptet habe, oft nicht an erste Stelle gestellt habe und mein Ego mich doch oftmals geleitet hat und mir Entscheidungen abgenommen hat. Das wird garantiert nicht mehr passieren.

3. Weghören, wenn mein Pferd mich anschreit
Ich war Meisterin im Ausreden finden. Es gab Gründe für alles Mögliche und ich konnte alles absolut erklären. Aber wenn jemand richtig, ehrlich, wirklich hinterfragt hat, dann hatte ich manchmal keine Antwort mehr. Seitdem ich mir diese Fragen selber stelle und sie nicht mehr durch andere stellen lasse, fällt mir auf, wie oft ich früher einfach weggehört habe, wie oft ich Dinge bagatellisiert und normalisiert habe, die absolut nicht normal sind. Oder im Zweifelsfall gesagt habe, das Pferd hat halt Lebensfreude. Meine Pferde haben mich alle angeschrien. Und ich werde nie wieder weghören.
4. Sporen
Ich habe Sporen benutzt, weil man sie eben benutzt. Und das ist wahrscheinlich der bescheuertste Grund, aus dem man Sporen nutzen kann. Nicht umsonst heißt es, die Sporen muss man sich verdienen. Um ehrlich zu sein, war mein Bein oftmals viel zu unruhig und ich war zu unreflektiert, um die Sporen abzulegen, weil ich meine Pferde teilweise auch gar nicht mehr ohne Sporen reiten konnte. Das einzusehen tut weh. Ich werde Sporen erst mal nicht mehr benutzen. Ich schließe nicht aus, dass ich irgendwann noch mal mit Sporen reite, aber dann muss mein Bein in der Lage sein, sich wirklich zu beherrschen. Ein fein eingesetzter Sporn ist in meinen Augen nichts Schlimmes. Aber seien wir ehrlich, die wenigsten Sporen werden fein eingesetzt. Schaut man sich die Reiterei an, hackt der Sporn bei jedem Schritt in den Bauch, weil das Bein nicht kontrolliert werden kann. Oder der Sporn wird missbraucht, um schneller zu reiten und nicht einfach nur, um eine Hilfe zu verfeinern. Der Sporn dient nicht zum Vorantreiben, zum Schnellerwerden oder zum Gangartwechsel. Genau so habe ich Sporen früher missbraucht. Ohne es böse zu meinen, weil so hat es ja jeder gemacht. Und so sieht man es auch überall. Einen ehrlichen und vertretbaren Einsatz von Sporen sehe ich nur sehr, sehr selten. Das Spannende ist, wenn das Pferd nachher so fein ist und der eigene Körper so ansteuerbar ist, dass man Sporen wirklich fein nutzen könnte, dann braucht man sie fast nicht mehr.

5. Longieren mit Ausbindern
Ich habe früher immer mit Ausbindern longiert, weil es eben auch so gemacht wurde. Cobie hat mir diverse Trensen, Dreieckszügel und Ausbinder zerrissen. Ich dachte wirklich, dass ich hier mit Ausbindern etwas Gutes tue. Ich wusste es nicht besser. Ich bin wirklich davon ausgegangen, dass das der korrekte Weg ist, ihr Anlehnung beizubringen, sie über den Rücken gehen zu lassen. Heute weiß ich, dass dem nicht so ist. Ich habe unfassbar viel dazu gelesen. Natürlich ist der Weg ohne Ausbinder mit einem Kappzaum deutlich länger, um ein Pferd in eine Form zu bekommen. Aber genau das zeigt auch das Problem mit Ausbindern. Man bekommt das Pferd schnell in eine Form, aber das Pferd ist gar nicht in der Lage, diese Form selbstständig einzunehmen, geschweige denn zu halten. Es wird durch die Ausbinder faktisch dazu gezwungen. Also hat man ein optisches Bild, was aber überhaupt nicht dem realen Ausbildungsstand des Pferdes entspricht. All die Ausreden, die ich früher hatte – dem Pferd den Weg zeigen, dem Pferd eine Anlehnung geben – all das ist, wenn man es genau beleuchtet, absoluter Bullshit.
6. Die Hufe meines Pferdes ignorieren
Ich hatte schlicht viel zu wenig Wissen und habe mir viel zu viel Blech erzählen lassen. Grundsätzlich bin ich nicht gegen Hufeisen. Ich glaube aber, dass sehr viel mehr Pferde barhuf laufen können, im Zweifelsfall mit Hufschuhen in Kombination, als man wahrhaben möchte. Ich war früher felsenfest davon überzeugt, dass meine Pferde Hufeisen brauchen. Ich war auch felsenfest davon überzeugt, dass meine Pferde richtig gut bearbeitet sind. Spoiler: Waren sie nicht. Ich hatte Themen mit runtergerissenem Eisen, Ballenzwang, Trachtenzwang, Strahlfäule, gammligen Stellen, Stolpern. Meine Themen rund ums Thema Huf sind gar nicht zählbar. Das Spannende ist, seitdem meine Hufe so bearbeitet werden, dass sie wieder ihre Funktion wiederfinden dürfen, sind nach und nach quasi all diese Themen wie von Zauberhand verschwunden. Einfach, weil der Huf wieder in seiner Funktion ist. Dazu war es nötig, dass ich wirklich hinschaue, was unglaublich wehgetan hat. Es war auch nötig, dass ich mir unglaublich viel Wissen angeeignet habe und mir dann die richtigen Leute an meine Seite geholt habe, die mich auf diesem Weg unterstützen. Und nein, Cobie konnte nicht sofort über Schotterwege laufen. Aber inzwischen ist barhuf sogar das möglich, auch wenn ich die meiste Zeit draußen mit Hufschuhen unterwegs bin, um ihren Huf zu schützen. Es ist Wahnsinn zu sehen, wie sich ihr Fundament verbessert hat. Und das werde ich nie wieder ignorieren.
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